Der 7. Tag der LandBauTechnik ist Ende September bei JCB in Frechen mit 200 Teilnehmern aus der Branche erfolgreich zu Ende gegangen. Das Motto: Branche in Bewegung. Inhalt der Tagung war, Fragen und Antworten zu finden und gemeinsam die Herausforderungen in dieser Zeit zu meistern und für die Zukunft Konzepte und Lösungen aufzeigen. Die Veranstaltung ist jährlich im Wechsel zu Gast bei einem Hersteller.
Wende der Bildungspolitik erforderlich

Fachkräfte zu finden und zu binden ist die aktuelle Achillesferse bei vielen Betrieben. Mit dem Experten Dr. Hendrik Voß, Zentralverband Deutsches Handwerks, wurde deutlich, dass es in Deutschland einer bildungspolitischen Wende bedarf. Zu lange gab es nur warme Worte und Anerkennung für das duale Ausbildungssystem in Deutschland. Bundesverband und Zentralverband fordern eine gesetzliche Gleichwertigkeit mit der akademischen Aus- und Fortbildung, was auch eine dringend Mittelanpassung der Fördergelder für Berufsschulen und Ausbildungsstätten des Handwerks mit sich brächte.

Neue Ideen für den Beruf des Land- und Baumaschinenmechatronikers

Die Erfolgsmeldung schlechthin sind die Ausbildungszahlen: mit mehr als 8300 Auszubildenden im Jahr 2021 wächst die LandBauTechnik-Branche stetig, während die Zahlen in anderen Branchen zumeist rückläufig sind. Die hohen Ausbildungszahlen liegen nicht zuletzt an der Imagekampagne >STARKE TYPEN<. Zu diesen zählen seit Neustem die Azubi-Botschafter, von denen Leo van den Berg vor Ort war, um zu berichten, was ihm wichtig ist an dem Beruf des Land- und Baumaschinenmechatronikers. Die Händler bekamen zudem zahlreiche Hilfen aufgezeigt, wie sie on- und offline mit den Hilfsmitteln der Kampagne professionell für sich und den Beruf werben können.
Das Team des Projekts InnoVET LBT Forward stellte das neue Berufslaufbahnkonzept vor und zeigte auf, wie eine attraktive und durchlässige Laufbahn aussehen soll, vom Praktikanten bis zum Meister, vom Service bis zum Betriebswirt. Es soll außerdem Aus- und Fortbildungen und die Möglichkeit Seiteneinsteiger aus anderen Handwerkern und Studienabbrecher zu gewinnen und in die Branche zu integrieren, geschaffen werden. Hierzu ist es wichtig, die Megatrends Digitalisierung, Automatisierung, eine komplexere Technik und eine Spezialisierung zu berücksichtigen, gerade bei der höherwertigen beruflichen Bildung. Die mit den Berufsgenossenschaften abgestimmte erarbeitete Branchenlösung zur Weiterbildung zur Fachkundigen Person für Hochvolt rundete das Bild ab.

Blickpunkt Europa: veränderte rechtliche Rahmenbedingungen für Handel und Big Data

Im dritten Schwerpunkt mit Blick auf Europa ging es darum, Chancen und Risiken u.a. bei neuen Regeln für Händlerverträge zu nutzen. Mit den Experten Friederich Trosse, dem neuen Generalsekretär des EU Dachverbands CLIMMAR und Dr. Stefan Zipse, Rechtsanwalt, sowie Dr. Michael Oelck, Hauptgeschäftsführer des LandBauTechnik Bundesverband stellten anschaulich neue zu beachtende gesetzlichen Rahmenbedingungen für Handel und Handwerk dar. Die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) regelt seit Juni 2022 die Ausnahmen für einen exklusiven Maschinenvertrieb. Ob und wie die Hersteller hier Anpassungen z.B. mit neuen Wettbewerbsverboten und sog. Teilkündigungsregelungen anwenden werden, bleibt abzuwarten. Eine intensive Prüfung auf Augenhöhe sollte z.B. in den Fabrikatsvereinigungen des Bundesverbands erfolgen, um eine einseitige Auslegung, zum Nachteil des Handels, zu vermeiden.

EU-Data-Act

Beim Thema Big Data ging es weiter. Die Nutzung und der Handel mit von Maschinen während ihres Einsatzes generierten Daten wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor. Der geplante neue EU-Rechtsrahmen (EU DATA ACT) sieht ein Schutz von Maschinendaten und Smart Farming Daten vor. Der Grundsatz und die gesetzliche Initiative der EU werden vom Climmar und dem LandBauTechnik-Bundesverband begrüßt. Es ergeben sich Chancen für alle Beteiligten. Hierzu sind kürzlich in Deutschland schon neue Muster-Nutzungsbedingungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Verwendung von Farm-Management-Systemen und Maschinendaten der Landwirtschaft erarbeitet worden. Der LandBauTechnik-Bundesverband hat an einer Anhörung im Juni teilgenommen. Die bisherigen Entwürfe des BMEL sind jedoch aus Sicht des Handels und des Handwerks unzureichend. Bisher wurden nur Hersteller und Landwirte als direkte Vertragspartner berücksichtigt. Über 95 Prozent der Verträge werden jedoch vom Handel und dem Handwerk mit dem Endkunden gemacht. Alle an der Lieferkette beteiligten Parteien sind zu berücksichtigen, so die Forderung des LandBauTechnik-Bundesverbands. Auch sind die Grundsätze der Vertragsfreiheit, der DSGVO und der Gewerbeordnung zu beachten, die z.B. freie Zugänge für die Maschinendaten für das Handwerk sichern, um mit Diagnosedaten und Reparaturanleitungen die notwendigen Arbeiten ausführen zu können. Zudem sind diese Arbeiten nach Handwerksordnung nur für berechtigte Personen zur Ausübung berechtigt, die über entsprechende Qualifikationen und Erfahrungen verfügen.

Daueraufgabe: Interessenvertretung

Es ist und bleibt Aufgabe des Bundesverbands LBT und des europäischen Verbands CLIMMAR die Interessenvertretung von Handel und Handwerk zu übernehmen und durchzusetzen. Diese Notwendigkeiten in Berlin und in Brüssel darzustellen und in das laufende Gesetzte vorhaben einzubringen, ist essenziell für unsere Branche, da waren sich alle Experten und Teilnehmer einig.
Im vierten Block der Tagung ging es dann in den „Open-Space“, in dem neue und alte Kooperationspartner des Bundesverbands neue Geschäftsideen und -modelle an Infopoints vorstellten. Eine Livevorführung der innovativen Produkte von JCB im Außengelände rundete das Bild ab und im Vordergrund stand der Dialog mit den Partnern und Besuchern.

Die Besten der Besten und Ehrungen

Zum Abschluss des ersten Tages ehrte Bundesinnungsmeister Leo Thiesgen die Besten der Besten, die drei Erstplatzierten Auszubildenen, der Praktischen Leistungswettbewerbe (Profis leisten was) 2019 und 2021 und deren Ausbildungsbetriebe. Diese sind erfolgreich durch regionale und landesweite Wettbewerbe gegangen und haben sich am Ende auch in der Endausscheidung durchsetzt. Eine hochkarätige Jury entscheidet jedes Jahr, wer die fachliche Spitze des Jahrgangs unsere Branche ist. Die Gewinner erhalten u.a. Geldpreise für deren weitere berufliche Fort- und Weiterbildung.
Beim Kölschen Abend sprach zunächst Ministerin Silke Gorißen vom Landesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz ein Grußwort, in dem Sie den Land- und Baumaschinenhändlern großes Lob und Anerkennung für Ihre tägliche Arbeit aussprach.
Ein weiterer Grund zum Feiern war die Verleihung der Goldenen Ehrennadeln für die langjährige ehrenamtliche Arbeit bei den Innungen und Verbänden vor Ort, auf Landesebene und im Bundesverband. Für ihre außerordentlichen Verdienste in der Branche zeichneten Präsident Ulf Kopplin und Hauptgeschäftsführer Dr. Michael Oelck die Herren Ernst Thomsen und Wilhelm Neyer mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet.

Lang vermisst: Dialog und Austausch

Der lang vermisste Austausch und Dialog untereinander stand beim anschließenden Branchenabend im Foyer der neuen JCB-Deutschlandzentrale im Vordergrund. Nach fast zweijähriger Abstinenz sind neue Netzwerkpartner hinzugekommen, die den Austausch nutzten; andere freuten sich, die bekannten Gesichter wiederzusehen.

Erwartungen der Kunden

Klaus Pentzlin, Präsident des Deutschen Lohnunternehmerverbandes, stellte die Erwartungen der Spitzenkunden von Handel und Handwerk heraus. Hierzu gehören die Koordination von Dienstleistungen, Wissenstransfer und die Teilhaben am Datentransfer sicher zu stellen, die Gemeinsamkeit zu nutzen und gemeinsam bei den Herstellern für Kostenminimierung durch weniger Modelle und Produktdifferenzierungen zu sorgen. Außerdem plädierte er dafür junge Menschen für die Branche zu interessieren und gemeinsam auf die Politik einzuwirken.

Podiumsdiskussion mit deutlichen Forderungen

In der Podiumsdiskussion am zweiten Tag der Tagung kamen Präsident Ulf Kopplin, Vizepräsident Ludger Gude, der Präsident des Lohnunternehmerverbandes Klaus Pentzlin und der Geschäftsführer von JCB, Frank Zander, zusammen, um den aktuellen Stand und die Lage der Branche zu diskutieren. Deutliche Worte fand der Präsident des LandBauTechnik Bundesverbandes e.V., Ulf Kopplin: Man müsse endlich aufwachen in Berlin, und auch Handel und Handwerk bei geplanten Programmen entsprechend berücksichtigen – hier müsse ganz dringend und schnell etwas passieren, so sein Appell an Politik und Verwaltung.
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, Lieferkettenschwierigkeiten, Preisunsicherheiten und dem das alles noch beschleunigenden Angriff Russlands auf die Ukraine mit seinen Folgen auf Energiepreise und Inflation, hatte Ulf Kopplin im April 2022 einen zweiten Präsidentenbrief mit Forderungen an die Hersteller veröffentlicht; darin enthalten sind u.a. die Forderungen nach Garantiekonditionen, die immer vom externen Verrechnungssatz auszugehen hätten, der Verzicht auf eine nachträgliche Erhöhung der Preise auf endverkaufte Produkte, sowie Unterstützung bei der Bestandsmaschinenfinanzierung.
Ludger Gude und Klaus Pentzlin unterstrichen die Forderungen, während Frank Zander für die Herstellerseite nun auf die gegenwärtige, schlechte Planbarkeit durch die angespannte Liefersituation und hohen Kostensteigerungen im Energiebereich aufmerksam machte. Das jedoch konnte er mit einem Entgegenkommen entkräften, denn er bot den anderen Gesprächsteilnehmern an, regelmäßig und eng im Dialog zu bleiben, denn im gemeinsamen Austausch, werde es eine zufriedenstellende Lösung für alle geben. Man sitze in einem Boot.
Von der Politik forderte Ulf Kopplin eine verlässliche Förderpolitik, gerade im Hinblick auf die Klima- und Mobilitätswende stehe das Handwerk vor einer Herkulesaufgabe, wie auch der Zentralverband bereits geäußert habe. Eine Veränderung unseres Landes trotz Fachkräftelücke, Materialengpässen und Lieferkettenstörungen umzusetzen, erfordere die volle Rückendeckung der Politik. Das gelte auch für die hohen Energiekostensteigerungen und hohe Inflation, die Privathaushalte aber auch Tausende kleine und mittlere Unternehmen im Handel und Service treffe. Bezahlbare Energie, die verlässlich zur Verfügung stehe, sei für die Betriebe in der LandBauTechnik-Branche unerlässlich. Der Staat sei gefordert, gerade diese zu unterstützen und eine Energiepreiswende zu gewährleisten, nicht nur bei Erdgas, sondern auch bei anderen Energieformen, die insbesondere im ländlichen Bereich genutzt werden.

Händlerzufriedenheitsbarometer überrascht

Ulrich Beckschulte stellte die Ergebnisse des Zufriedenheitsbarometers DSI Land- & Baumaschinen vor – einer Umfrage aus dem Frühjahr, an der sich fast 250 Fachbetriebe mit annähernd 700 Fabrikatsbewertungen beteiligt hatten. Erstaunlicherweise war das Zufriedenheitsniveau gegenüber 2021 in der Summe nahezu unverändert, in den Unterfragen bewegte sich jedoch so einiges. Am unzufriedensten zeigen sich die Fachbetriebe bei den Finanzierungskonditionen, gefolgt von Garantie- und Gewährleistungskonditionen. In Summa sei das Zufriedenheitsniveau jedoch aktuell noch gut, das Verhältnis ein ausgesprochen partnerschaftliches – was auch daran liegen mag, dass die Erhebung aus der Zeit vor dem Ukrainekrieg stammt, also zu einer Zeit, als man von den aktuellen Problemen noch nur ahnen konnte.
Auch die aktuelle Konjunkturerhebung aus dem Sommer zeigt ein überraschend (noch) positives Bild: Umsatzzuwächse von mehr als 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr sind in 25 Jahren Konjunkturumfragegeschichte noch so gut wie nie dagewesen – Kostenexplosionen von im Durchschnitt über 15 Prozent allerdings auch nicht. Insofern steht die Branche unsicher vor einer kaum noch planbaren Zukunft, was sich auch daran ablesen lässt, dass annähernd 50% der Fachbetriebe Umsatzrückgänge erwarten, dies in z.T. zweistelligen Prozentwerten. Angesichts absehbar weiter steigender Personal- und Betriebskosten, Inflation und der Gewissheit, dass sich irgendwann einmal in absehbarer Zukunft, dann vermutlich zur Unzeit und fernab jeder Saison, sämtliche bestellte Ware auf dem Hof stapelt, steht die Branche unsicher vor den nächsten Monaten.

JCB – Wege in die nachhaltige Zukunft

Mit Zukunftsgerichteten Blick schloss JCB, der, wie Andy Whyman (Group Engieneering Director) herausstellte der Premiumhersteller aus Großbritannien mit Pionierstrategie ist. Marc Zimmermann präsentierte das Thema „Landmaschinenhändler 2030 – ein Spezialisierungsmarkt“, Maurice Schreurs und Dr. Frank Benzel behandelten „Alternative Antriebstechnik und neue Technologien benötigen hochqualifizierte Fachkräfte“ und Bernhard Pauleßen erläuterte die Trainingsmethoden für neue Technologien bei Fachkräften.

Präsident Ulf Kopplin schloss mit positiven Worten die Bundestagung und bedankte sich bei JCB für die Gastfreundschaft. Der nächste Tag der LandBauTechnik findet im Frühjahr 2024 statt.