Präventivmaßnahmen zur Unternehmenssicherung im Zahlungsverkehr

Pandemiebedingt ist die Insolvenzantragspflicht aktuell ausgesetzt bis 31.12.2020. Das gilt jedoch nur für den Überschuldungstatbestand, nicht für den Tatbestand einer Zahlungsunfähigkeit. Zudem muss man nach vorgegebenen Kriterien konkret Corona-betroffen sein.

Es steht zu vermuten, dass sich Betroffene hinter der Aussetzung verstecken und auf Besserung hoffen – getreu dem Motto “Augen zu und durch“. Fest steht: Zur Zeit gibt es dadurch weniger Insolvenzen als in 2019. Fachleute erwarten jedoch eine Insolvenzwelle ab 2021. Erwartbar ist zudem, dass es in Zukunft deutlich mehr „Insolvenzanfechtungen“ geben könnte. Dagegen können Sie sich schon heute gut aufstellen und möglichst schützen, hier gibt es entsprechende Möglichkeiten. Dazu haben wir – federführend ist Rolf Jansen vom verbandlichen Kooperationspartner in Versicherungsfragen Assekuranz Service NRW GmbH – Ihnen den folgenden Leitfaden erstellt.

Was ist eine Insolvenzanfechtung? – Der Praxisfall
Die böse Überraschung kommt per Post: Ein Rechtsanwalt fordert Sie im Namen eines Insolvenzverwalters auf, Geld zurückzuzahlen; Geld, das Sie vor Monaten oder sogar Jahren von einem Kunden erhalten haben, der inzwischen Insolvenz beantragt hat. Bei der gesamten Auftragsabwicklung lief jedoch alles völlig rechtmäßig, und zweifelsfrei hatten Sie auch Anspruch auf das Geld. Hier muss doch ein Irrtum vorliegen!? Leider nein. Die juristische Grundlage dieser Zahlungsaufforderung heißt Insolvenzanfechtung und ist genauso kompliziert

und schwer verständlich wie dieser Brief vom Anwalt, den Sie bekommen haben.

Insolvenzanfechtung – Die Hintergründe
Was also ist eine Insolvenzanfechtung? In einfachen Worten formuliert: Der Insolvenzverwalter kann Zahlungen eines Schuldners an einen Gläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zu vier, in Ausnahmefällen bis zu 10 Jahren zurück verlangen, wenn beide Seiten zum Zeitpunkt der Zahlung wussten, dass der Schuldner voraussichtlich nicht alle seine Gläubiger würde bezahlen können, also eigentlich zahlungsunfähig oder jedenfalls drohend zahlungsunfähig war. Auch wenn Sie es als Betroffener kaum nachvollziehen können: Die Grundidee dahinter ist, Gerechtigkeit herzustellen. Denn wenn Ihr Kunde wusste, dass er nicht alle Gläubiger bezahlen kann, nahm er bei der Zahlung an Sie in Kauf, dass andere kein Geld bekommen. Die Rechtsprechung nennt dies einen „Gläubigerbenachteiligungsvorsatz“.

Was kann dadurch passieren? Dass Sie nichts über die wirtschaftliche Lage Ihres Kunden wussten spielt zunächst keine Rolle. Der Insolvenzverwalter unterstellt Ihnen einfach, dass Sie von der Zahlungsunfähigkeit Ihres Geschäftspartners wussten. Ob das tatsächlich so war, interessiert ihn zunächst nicht. In einigen Fällen soll sogar Ihre Kenntnis von einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit ausreichen.
Damit der Insolvenzverwalter von Ihnen das Geld zurückverlangen kann, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Erfahrungsgemäß sind viele Rückzahlungsforderungen unberechtigt, und in fast jedem Fall verlangt der Insolvenzverwalter zu viel Geld zurück. Auch ist die Rechtsprechung keineswegs so einheitlich, wie der Insolvenzverwalter dies darstellt. Zu fast jeder Voraussetzung des Anfechtungsanspruchs gibt es völlig unterschiedliche Urteile der Gerichte. Der Ausgang des Rechtsstreits hängt oft von Wertungsfragen und damit vom einzelnen Richter ab.

Insolvenzanfechtung – Was tun?
Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie als Betroffener? Was sollten Sie auf keinen Fall tun? Und warum sollten Sie sich für dieses Thema interessieren, auch wenn Sie noch gar nicht betroffen sind? Welche Möglichkeiten haben Sie? Prüfen Sie Ihre AGB: Sind dort erweiterter und verlängerter Eigentumsvorbehalt enthalten, damit man sich Aussonderung- oder Absonderungsrechte vorbehalten kann?
Sind Ihre AGB eigentlich wirksam vereinbart? Sie müssen Basis der Geschäftsbeziehung zu Ihren Kunden sein, müssen diesem also vor Vertragsabschluss bekannt sein. Zahlungsvereinbarungen genauestens dokumentieren, denn dann liegt die Beweislast für Bösgläubigkeit
(der Gläubiger wusste von der Zahlungsunfähigkeit) beim Insolvenzverwalter. Inkassozahlungen richtig vereinnahmen, damit es hier nachträglich nicht zu einer Insolvenzanfechtung kommt – prüfen Sie Ihre Dienstleister, Rechtsanwalt oder Inkassofirma auf diesen Tatbestand! Wenn Sie eine Kreditversicherung haben: Gibt es dort bei einem Forderungsausfall Aussagen zur Insolvenzanfechtung?

Wie sollten Sie bei verzögerten Zahlungen also vorgehen?

1. Sie sollten keinen Druck gegenüber Ihrem Vertragspartner ausüben, sondern rechtzeitig mit ihm Kontakt aufnehmen, um die Bezahlung der Rückstände im Wege einer Ratenzahlungsvereinbarung und die Bezahlung künftiger Leistungen zu besprechen. Nach neuem Recht ist der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung nicht mehr zwingend schädlich. Daher ist es deutlich besser, mit dem Schuldner eine schriftlich fixierte Vereinbarung zu schließen, statt unregelmäßige oder verspätete Teilzahlungen hinzunehmen. Die Ratenzahlungsvereinbarung muss so bemessen sein, dass Ihr Vertragspartner sie auch erfüllen kann. Eine nicht eingehaltene, d.h. geplatzte Ratenzahlungsvereinbarung ist eines der gravierendsten Beweisanzeichen für die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.

2. Hält der Schuldner die Vereinbarung ein, können Sie das großzügige Zahlungsziel beibehalten und die Geschäftsbeziehung fortsetzen. Sicherer ist es aber, auf Vorkasse umzustellen, um zwischen Leistung und Gegenleistung nicht mehr als 30 Tage vergehen zu lassen. Jede Kreditierung (auch Lieferantenkredit) ist zu unterlassen. Leistungen, die binnen maximal 30 Tagen ausgetauscht werden, können praktisch nicht mehr angefochten werden. Die Lösung ist für den Gläubiger sicherer, falls es doch zur Insolvenz kommt. Allerdings sind die meisten Schuldner auf Lieferantenkredite angewiesen.

3. Prüfen Sie, ob die Gesamtverbindlichkeiten durch die Zahlungen tatsächlich zurückgeführt werden.

4. Auch wenn Ihr Vertragspartner in Verzug gerät, sollten Sie ihm weder durch ausufernde Mahnungen noch mit Vollstreckungshandlungen, Inkassobüros oder Rechtsanwälten drohen. Denn: Wer mit der Vollstreckung droht, muss auch vollstrecken; freiwillige Zahlungen des Schuldners sind ab diesem Zeitpunkt in aller Regel anfechtbar.

5. Bei „kritischen Kunden“ sollten Sie alle Vorkommnisse hinreichend dokumentieren, um den Sachverhalt auch Jahre später noch rekonstruieren zu können. Vor Gericht ist nur derjenige erfolgreich, der etwas darlegen und beweisen kann.

6. Bevor Sie Ihrem Kunden in irgendeiner Weise entgegenkommen, sollten Sie sich von ihm im Idealfall aufzeigen lassen, dass er mit Ihrem Beitrag und Beiträgen von anderen seine Krise nachhaltig überwinden kann. Dann liegt nämlich eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht bei Ihnen sehr fern.

Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre hat die Anfechtbarkeit von Zahlungen erweitert. Mit einem fachkundigen Anwalt ist eine Abwehr oder zumindest eine Reduktion der Ansprüche sehr gut möglich. Die entscheidenden Vorschriften haben nämlich einen weiten Auslegungsspielraum. Strategien und Hilfestellung bei Inanspruchnahme aus Insolvenzanfechtung Bei diesen Streitigkeiten kommt es auf genaue Kenntnisse der Rechtsprechung und des Insolvenzrechts an. Sehr oft lässt sich eine Reduktion der geforderten Zahlung erreichen. Leider wissen das viele Unternehmer – und auch viele Anwaltskollegen ohne Kenntnis vom Insolvenzrecht – nicht; sie
lassen es dann lieber auf eine Klage ankommen, obwohl Vergleichsgespräche häufig der sinnvollere Weg sind. Daneben ist bei der Verhandlung die besondere Situation von Insolvenzverwaltern zu beachten. Diese sind bei konstruktiver Zusammenarbeit oft genug außergerichtlich gesprächsbereit und zu Zugeständnissen zu bewegen, wenn man den richtigen Ton trifft und die nötigen Branchen- und Fachkenntnisse hat.
Mit einer klugen Verhandlungsstrategie kann man erreichen, einer Insolvenzanfechtung außergerichtlich oder – falls erforderlich – im Rechtsstreit erfolgreich zu begegnen und den drohenden Schaden zu verhindern oder zumindest abzumildern.

Ansprechpartner zum Thema Insolvenzanfechtung
Wenn Sie über eine Versicherungslösung sprechen möchten sind Sie beim verbandlichen Kooperationspartner AS Assekuranz-Service NRW Versicherungsmakler GmbH aus Mönchengladbach (mail: jansen@assekuranz-service-nrw.de oder T. 02166 / 92048-44) an der richtigen Adresse.
Für juristischen Rat und Beistand empfehlen wir Ihnen unseren fachkundigen Netzwerkpartner
Dr. Utz Brömmekamp von der Kanzlei Buchalik & Brömmekamp aus Düsseldorf
(T. 0211 / 828977–200 oder mail: utz.broemmekamp@buchalik-broemmekamp.de)

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